Impfkommunikation

Veröffentlicht von Rosi Würtz am

Gesundheitskommunikation ist keine einfache Sache und schon gar nicht, wenn es um das Impfen geht. Wie gelingt eine gute Aufklärung zum Corona-Impfstoff? Was prägt eine nachhaltige und effektive Gesundheitskompetenz in Zeiten von grassierenden Verschwörungserzählungen?

Wissenschaftler*innen im Dialog

Auslöser für diesen Blogbeitrag ist die YouTube-Liveschalte von „Wissenschaft im Dialog“ über das Thema Impfkommunikation. Herdenimmunität bedeutet, dass sich mindestens 60 bis 70 Prozent der deutschen Bevölkerung impfen lassen. Die Impfkampagne „Deutschland krempelt die Ärmel hoch“ steht nun in den Startlöchern. Analoge, digitale und personale Kommunikation sind die Grundsäulen für authentische Kampagnen, die für gewöhnlich einen Vorbereitungsvorlauf von rund einem Dreivierteljahr benötigen.

Impfkommunikation ist nicht so einfach aus dem Ärmel zu schütteln, wie sich das einige Akteur*innen wünschen. Die Zielgruppe ist die Allgemeinbevölkerung. Doch wer verbirgt sich dahinter? Zielgruppenorientierung ist vielschichtig und vielfältig.

„Die Impfentscheidung ist ambivalent“, so Volker Stollorz (Geschäftsführer Science Media Center) im oben genannten Live-Stream. Kontextsensibilität ist wichtig für den Aufbau von Vertrauen und Kontexte gibt es viele. Wissenschaftsjournalismus kann hier eine Schlüsselfunktion einnehmen und eine Aufklärungsleistung erbringen. Störungen durch Falschinformationen sind ernstzunehmende Störfeuer und der Umgang mit False News und Fake News muss geschickt und gezielt sein.

Vertrauen in die Impfung aufbauen

Zusammen gegen Corona: Dieser wohl gemeinte Wunsch benötigt eine gemeinsame Kommunikationsbasis, die auf Wissen und Gesundheitskompetenz aufbaut. Wie gelangt man an spezifische und korrekte Informationen? Eine Möglichkeiten sind Onlineportale wie beispielsweise www.infektionsschutz.de. Doch jedes mit Fakten bespielte Medium hält gewisse Fallstricke bereit, über die Anwender*innen stolpern könnten.

Wesentliche Fragen, die während des Entscheidungsprozesses von jeder einzelnen Person individuell geklärt werden sollten: Was ist mein relatives Risiko? Was ist die Alternative zum Nicht-Impfen? Wo finde ich faktenbasierte Quellen? Wie kann ich an diesem Wissenspool partizipieren, um meine informierte Entscheidungsfindung voran zu treiben?

„Der große Hebel ist das medizinische Fachpersonal“, erklärt Dr. phil. Philipp Schmid (Psychologe und Vertretungsdozent für Statistik und Methoden im Fachgebiet Sozial-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie der Universität Erfurt). Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass selbst in medizinisch geschulten Kreisen das Impfen trotz Evidenzbasierung keine Selbstverständlichkeit ist.

Während meiner Physiotherapie-Ausbildung fragte ich mich, welche Impfungen mir für meinen Praktikumseinsatz im Krankenhaus (Innere Medizin, Geriatrie, Neurologie) noch fehlten. Eine Impfung gegen Hepatitis erschien mir in diesem Arbeitsumfeld als sinnvoll, da sehr nah an teils schwerbetroffenen Patient*innen gearbeitet wird. Einige Personen des Lehrpersonals sagten, dass ich diese Impfung nicht benötigte, da ihnen „in den letzten Jahrzehnten auch nichts passiert“ sei. Mir war nicht wohl bei diesen Aussagen und ich ließ mich kurzerhand von meinem Hausarzt impfen.

Individueller Dialog in den sozialen Medien über das Impfen

Das Handling von sozialen Medien funktioniert effektiv, wenn ein individueller Dialog der aktiven Aufklärung dient. Doch was bekommen Community Manager*innen und Social Media Manager*innen überhaupt mit? Wie lassen sich verborgene Kommunikation und Echo Kammern monitoren?

„Den Mythos selbst aufklären“, steht für Rebecca Winkels (Leiterin Strategische Kommunikation von Wissenschaft im Dialog) im Zentrum der proaktiven Impfkommunikation in sozialen Medien. Die Medienkompetenz zu entwickeln, hilft bei der Immunisierung gegenüber Verschwörung und hartnäckigen Impfmythen.

Gemeinschaftsschutz und Solidarität vermitteln

Kommunikation über das Impfen ist Arbeit an der Basis: Die persönliche Beziehung zur Hausarztpraxis ist sicherlich ein wesentlicher Faktor, um Schritt für Schritt über den Sinn von Gemeinschaftsschutz und Herdenimmunität aufzuklären. Auch an dieser Stelle können weitere Denkprozesse bei den Patient*innen angestoßen werden: Wie und wo finde ich wissenschaftsgestützte Infos? Wie gehe ich als Patient*innen mit Wissenslücken um?

Welche Geschichten erzählen wir uns über das Impfen?

Impfkommunikation bewegt sich eben auch zwischen PR und Journalismus. Community basierte Kommunikation erscheint mir hier als ein Kernfaktor, um den Informationsbedarf beispielsweise der eigenen Mitarbeiter*innen im Unternehmen zu bedienen.

Communities sind vielfältig und es bedarf mehr als einer groß angelegten Kampagne, diese feinen Kommunikationsstrukturen zu durchdingen und die wirklich relevanten Impfgeschichten zum Wohl aller Menschen zu erzählen!


Rosi Würtz

Soziologin mit den Schwerpunkten Digitalisierung und Gesundheit, derzeit Promotion (Uni Bonn) über betriebliche Gesundheitskommunikation von Krankenhäusern in sozialen Medien, staatlich anerkannte Physiotherapeutin mit einem Faible für Paläontologie und Raumfahrt

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