ProMotion #47: Medienkompetenz-Training mit Dunja Hayali

Veröffentlicht von Rosi Würtz am

Im Sommersemster 2021 lehrt die Journalistin Dunja Hayali an der Uni Bonn. Vier Tage beschäftigen sich die teilnehmenden Studierenden mit dem Verhältnis von Mediennutzung und Medienkompetenz. Glücklicherweise darf ich als externe Promotionsstudentin (Fachbereich Soziologie) bei der Lehrveranstaltung „Mächte, Medien, Mythen“ dabei sein. Von meinen Erlebnissen während dieser Zeit berichte ich in diesem Blogbeitrag.

Vorbereitung: Dunja Hayali und ihre Social Media Kanäle

Am 15. August 2021 postete ich relativ unbedacht ein Foto von meiner Sonntagslektüre „Haymatland: Wie wollen wir zusammenleben?“ von Dunja Hayali, erschienen im Jahr 2018. Zu dem Zeitpunkt saß ich in einem Garten und dachte mir, dass das Lesen dieses Buches als Vorbereitung für die Lehrveranstaltung hilfreich sein könnte.

Mit einer derartigen Reaktion auf diesen Post hatte ich jedoch nicht gerechnet: Kurze Zeit nach der Veröffentlichung meines Buchfotos erschien der erste nationalistische Hasskommentar. Dort war die Rede von Propaganda und wen dieses Buch nicht interessiere. Über welchen Weg mein kleines Instagram-Profil gesehen und kommentiert wurde, kann ich leider nicht nachvollziehen. Ich vermute, dass es eines der Hashtags war, über welches die Verbindung hergestellt wurde.

Kurzerhand beschloss ich, den Algorithmus nicht weiter zu füttern, setzte keinen weiteren Kommentar darunter und meldete die Sachlage bei der Landesanstalt für Medien NRW und bei dem Portal www.hassmelden.de. Mit einem markierten Screenshot, der URL zum Instapost und dem Beschwerdehinweis „Rassistische Äußerung in den Kommentaren“ konnte ich meine Meldung schnell und unproblematisch tätigen. Einige Tage später erhielt ich folgende Antworten:

„Sehr geehrte Frau Würtz, vielen Dank für Ihren Hinweis und Ihr Interesse am Mediennutzerschutz. Wir haben den gegenständlichen Kommentar überprüft. Auch wenn dem Kommentar eine feindselige Haltung zugrunde liegt, ist dieser noch von der Meinungsfreiheit gedeckt. Eine strafrechtliche Grenze wird hier nicht überschritten.“

Mitarbeiterin Landesanstalt für Medien NRW

„Hallo, nach Prüfung des Inhalts des von Dir gemeldeten Sachverhaltes sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass sehr wahrscheinlich keine strafbaren Handlungen, sondern vielmehr noch von der Meinungsfreiheit gedeckte Äußerungen vorliegen – auch wenn der Beitrag vielleicht sehr unappetitlich oder beängstigend wirkt. In wenigen Einzelfällen ist eine Strafverfolgung auch deshalb unmöglich, weil der mutmaßliche Täter aus dem Ausland kommt. Deshalb haben wir die Meldung leider nicht zur Anzeige bringen können. Beachte, dass unsere Einschätzung nicht rechtsverbindlich ist: Teilst Du unsere Meinung nicht, kannst Du natürlich selbst versuchen, den Sachverhalt eigenhändig bei den zuständigen Ermittlungsbehörden zur Anzeige zu bringen. Wenn Du Nachfragen zu dem Vorgang hast findest Du einige der häufigsten Fragen und Antworten weiter unten in dieser Nachricht. Du kannst uns auch einfach auf diese E-Mail antworten – wir können dann Deine Nachricht automatisch Deiner Meldung zuordnen.“

Hassmelden-Team

Meine Reaktion auf die Antworten: Sobald der nächste Kommentar aus einer fremdenfeindlichen Richtung kommen sollte, werde ich wieder Meldung erstatten. Selbstverständlich! Denn Meldungen gehen in Statistiken ein und auch die Quantifizierung von Hass im Netz und der Reaktionen darauf ist für eine lebendige und nachhaltige Demokratie wichtig. Glücklicherweise ist das Einreichen einer Beschwerde relativ einfach möglich.

Mehr zu den Gemeinschaftsrichtlinien von Instagram

Jeder anstößige Kommentar kann auch via Instagram gemeldet werden. So tat ich es am 12.09.2021 und warte nun auf die Reaktion.

Gesundheitskommunikation: Mediennutzung und Medienkompetenz

Warum erzähle ich so ausführlich von der Lehrveranstaltung mit Dunja Hayali? Meiner Meinung nach gehört der Aufbau von Medienkompetenz in sämtliche Lebensbereiche. Und der Gesundheitsbereich ist wohlmöglich ein sehr tiefgreifendes medial aufgeladenes Feld. Auch in der Gesundheitsarena wimmelt es nur so von Fake News und Hassreden gegenüber Behandlungsmethoden und Therapieansätzen – und leider auch gegenüber Menschen.

Gezielte Wissenschaftskommunikation hat im heutigen globalen Medienkosmos wirklich kein leicht bekömmliches Brot zu knabbern, wenn es um die Vermittlung von evidenzbasierten Ergebnissen aus der Gesundheitsforschung geht. Und auch die Öffnung der Wissenschaft hin zu einer gemeinschaftlichen Forschung im Sinn eines Public Engagements ruft nach kreativen Impulsen aus der Praxis.

Dunja Hayalis Engagement für respektvolle Diskussionen auf Augenhöhe beeindrucken mich schwer. Überhaupt empfinde ich es als großes Plus, dass sich die Universität Bonn immer mehr den Welten jenseits des Elfenbeinturms öffnet. Hier können Theorie und Praxis endlich als fruchtbare Symbiose gemeinsam die Türen der Alma Mater aufsperren. Von den Erkenntnissen und Erlebnissen berichte ich ab jetzt täglich.

Montag, 13.09.2021


Es war ein erkenntnisreicher erster Tag, der auch mir noch nicht bekannte Einblicke in die Welt des Journalismus bereithielt. Erstaunlich ruhig war Dunja Hayalis Hund Wilma und verbrachte die Zeit friedlich immer mal wieder schlummernd im Hörsaal. Mit einer sympathisch offenen und neugierigen Art begrüßte die neue Gastprofessorin Hayali uns Studierende. Während der Vorstellungsrunde stellte sich heraus, dass ich die einzige Doktorandin unter den Teilnehmenden war und somit eine der Ältesten im Saal. Und ja, ich kann mich tatsächlich noch an eine internetfreie Kindheit in 1980er Jahren erinnern. (Tweet zum ersten Workshop-Tag)

Der Live-Talk mit Journalistin Katharina Hamberger war wie auch schon der Vormittag pickepacke voll mit Fragen von den Studierenden. Das #KompetenzzentrumHayali und die Entwicklung eines Medienkompetenzzentrums an der Universität Bonn hätte ich mir sehr während meines Studiums gewünscht. Damals war es eher ein Hobby für nicht ausgelastete Studierende, sich mit der Gründung eines Campusradios zu bemühen oder Podcasts für lau für hypermotivierte Professoren mit dem privaten Equipment aufzunehmen. Verrückte Medienwelt, verrückte Wissenschaftswelt! Aber wer jammert, verpasst den Anschluss und deshalb freue ich mich umso mehr auf den frischen Input am morgigen Tag. (Noch ein Tweet zum ersten Workshop-Tag)

Dienstag, 14.09.2021


Mittwoch, 15.09.2021


Donnerstag, 16.09.2021


Wenn ich eins während meines Studiums wirklich felsenfest gelernt habe, dann dies: Technik macht oft, was sie will und meist im falschen Moment. Aber Medienkompetenz zeichnet sich eben auch dadurch aus, dass schnell eine Lösung für ein Technikproblem gefunden wird. So versagte das universitäre Beschallungsequipment kurzfristig, als Journalist Stefan Niggemeier zu uns sprechen wollte. Auf dem Foto oben ist die praktische Problemlösung zu sehen. Kurze Zeit später konnte der Haustechniker die Uni-Lautsprecher jedoch wieder reanimieren.

Grandios fand ich die Idee der jungen Studierenden, unserer Gastprofessorin ein Geschenk zu machen. Wilma dachte zwar zuerst, dass das Päckchen für sie wäre, aber freute sich letztendlich mit Dunja Hayali über den neuen Hoodie.

Alles in allem bin ich sehr froh, dass ich als Doktorandin die Möglichkeit hatte, an dieser Lehrveranstaltung teilzunehmen. Denn: Medien fallen schließlich nicht einfach vom Himmel und werden von Menschen gemacht. Das Wie zu verstehen, ist auch für meine Arbeit als Wissenschaftlerin wichtig. Sowohl für meine eigene Wissenschaftskommunikation und wie ich sie für Journalist*innen effektiv aufbereiten kann als auch für mich als Medienforscherin.


Rosi Würtz

Soziologin mit den Schwerpunkten Digitalisierung und Gesundheit, derzeit Promotion (Uni Bonn) über betriebliche Gesundheitskommunikation von Krankenhäusern in sozialen Medien, staatlich anerkannte Physiotherapeutin mit einem Faible für Paläontologie und Raumfahrt

1 Kommentar

ProMotion #039: Forschungsblog für Doktorarbeit - Kathrin Rosi Würtz, M.A. · Mai 4, 2023 um 12:55 pm

[…] Medienkompetenz mit Dunja Hayali […]

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