Bollywood zwischen Erlebniswelt und interkultureller Imagination

Veröffentlicht von Rosi Würtz am

Bollywood-Filme kreieren im deutschsprachigen Rezeptionsraum das Fundament für neue soziale Interaktionen auch auf interkultureller Ebene. Ein Erklärungsversuch wie Bilder, die andere kulturelle Verhältnisse und Werte darstellen wollen, rezipiert werden, welche neuartigen Imaginationen innerhalb eines anderen Kulturraumes dadurch in den Köpfen der Zuschauer entstehen und wie letztendlich auf der Basis dieser Imaginationen über eine „fremde“ Kultur im Alltag kommuniziert wird, ist Hauptziel dieser Abhandlung.

Mein E-Book „Bollywood zwischen Erlebniswelt und interkultureller Imagination: das indische Populärkino seine Rezeption durch ein deutschsprachiges Publikum“ gab es bis Februar 2023 in allen gängigen E-Book-Shops zu kaufen.

Dieses E-Book basiert auf meiner Magisterarbeit, die ich 2007 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn geschrieben habe. Gerne teile ich die Ergebnisse meiner Forschungsarbeit und freue mich, dass ich den Text endlich mit einigen neuen Erkenntnissen bereichern konnte.

Vor einem Bonner Kino im Dezember 2006, Foto: Kathrin Rosi Würtz

Ich habe mich entschlossen, eine gekürzte Fassung meiner Magisterarbeit freizugänglich auf ResearchGate hochzuladen. Wer reinlesen möchte, findet den kompletten Text dort. Seit Sommer 2024 veröffentliche ich Textteile auch hier auf meiner Website. Mein Ziel ist es, meine Erkenntnisse einem weiteren Publikum zur Verfügung zu stellen. Wissen soll wirken und das passiert außerhalb von Schubladen einfach besser.

In aller Kürze: Was ist Bollywood?

Bollywood, beheimatet in Mumbai (früher Bombay), ist eine der größten Filmindustrien der Welt und produziert jährlich über 800 Filme. Bekannt für farbenfrohe Tanzszenen, melodramatische Liebesgeschichten und opulente Kulissen, entführt Bollywood in eine Welt voller Träume und Emotionen.

Zu den bekanntesten Bollywood-Darstellern gehören:

  • Shah Rukh Khan: „King of Bollywood“ mit über 80 Filmen, bekannt für Romantik und Drama (z.B. „My Name is Khan“, „Kuch Kuch Hota Hai“)
  • Amitabh Bachchan: „Big B“, Bollywood-Legende mit über 200 Filmen, diverse Genres (z.B. „Sholay“, „Piku“)
  • Aishwarya Rai Bachchan: Miss World 1994, Schauspielerin mit über 40 Filmen (z.B. „Devdas“, „Hum Dil De Chuke Sanam“)
  • Priyanka Chopra Jonas: Internationale Bollywood-Größe, auch in Hollywood erfolgreich (z.B. „Bajirao Mastani“, „Quantico“)
Filmplakate im Schaufenster eines Bonner Kinos, Dezember 2006, Foto: Kathrin Rosi Würtz

Aufbau der Forschungsarbeit

In dieser Übersicht verlinke ich die bereits publizierten Kapitel, damit Einzelthemen direkt ansteuerbar sind.

Im Folgenden stelle ich auszugsweise den inhaltlichen Aufbau meiner Arbeit vor: Kapitel 2 dient zunächst der Einordnung und Definition des indischen Populärkinos und seiner sozialen Bedeutung in Indien, Europa und insbesondere in Deutschland. Nicht zuletzt werden hier die Bedingungen und Grenzen des weltweiten Erfolgs der Filmware Bollywood diskutiert.

Kapitel 3 geht hingegen anfangs ausführlich auf diverse Bereiche seit der Erfindung des Filmmediums ein, die unsere Vorstellungen von Indien und seinen Kulturen beeinflusst haben. Hierzu gehören die Bereiche Werbung, Literatur, Musik, Tourismus, aber auch das Fernsehen und der Film selbst. Die beiden Filmzentren Hollywood und Bollywood gegenüberzustellen und zu vergleichen, erwächst aus der Tatsache, dass der Vergleich auch im analysierten Material immer wieder eingebracht wird.

Des weiteren behandelt dieses Kapitel die Frage, welchen Anteil ein Filmheld wie Shah Rukh Khan, der in vielen von RTL 2 ausgestrahlten Bollywood-Filmen die Hauptrolle spielt, zum kommerziellen Erfolg beiträgt und welche sozialen und ästhetischen Komponenten dabei wichtig sind. Die Darstellung eines vertrauten Fremden in Form eines fremdländischen Schauspielers, der Einblick in eine kulturell fremde Welt gewährt, als ‚Fremdenführer‘ fungiert und seine Publika emotional an sich bindet, verdeutlichen die soziologische Brisanz, die Shah Rukh Khan aufwirft.

Filmanalyse und Erlebniswelten

Kapitel 4 konkretisiert meine theoretischen Überlegungen an dem bereits erwähnten Filmbeispiel. Hierbei beschäftige ich mich vor allem mit der filmischen Darstellung und Inszenierung traditioneller Werteinstanzen wie Religion, Familie, Ehe, Benimm, Etikette und deren Aufnahme durch ein deutschsprachiges Publikum (Mikroanalysen einzelner Szenen).

Kapitel 5 wechselt dann den Betrachtungsrahmen und fokussiert die reale Erlebniswelt der Rezipient:innen. Bollywood-Filme reihen sich in die u.a. von Schulze postulierte „Ästhetisierung des Alltagslebens“ ein. Die Vermarktung des Produktes ‚Bollywood‘ ist Bestandteil eines „rasant wachsenden Erlebnismarktes“ (Schulze 1992: 33). Beispiel hierfür sind u.a. in Deutschland veranstaltete Bühnenspektakel wie „Bollywood – The Show“ oder „Bharati – Auf der Suche nach dem Licht“. In die alltägliche Lebenswelt einordnen lassen sich Bollywood-Tanzkurse, indisches Essen beim Lebensmittelhändler ‚um die Ecke‘ und das Tragen indischer Kleidung und Accessoires.

Hinzukommt die in den Alltag mittlerweile integrierte Kommunikation über Bollywood in Online-Bollywood-Fanforen. Eine Analyse der im virtuellen Raum diskutierten Bollywood-Themen soll über die thematische Schwerpunktlegung Auskunft geben. Erweiterungen des persönlichen Lebensstils und neue Handlungsvarianten können die Folge von einer anfänglichen ‚Bollywood-Begeisterung‘ sein.

Inwieweit die Vermarktung von Bollywood-Filmen im deutschsprachigen Fernsehen einen Beitrag zur interkulturellen Kommunikation geleistet hat, vermag diese Studie nicht herauszustellen, wohl aber das Film-Imaginationen à la Bollywood teils stereotype teils kritisch-reflexive Auseinandersetzungen auf interkultureller Ebene bewirken können.

Hier verwendete Literatur


Rosi Würtz

Soziologin mit den Schwerpunkten Digitalisierung und Gesundheit, derzeit Promotion (Uni Bonn) über betriebliche Gesundheitskommunikation von Krankenhäusern in sozialen Medien, staatlich anerkannte Physiotherapeutin mit einem Faible für Paläontologie und Raumfahrt

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