EULY und ich im Museum
EULY und ich haben zwar schon ein paar Jahre auf dem Buckel, aber sind wir wirklich schon ausstellungsreif? Nein, ich nicht und EULY gebe ich auch nicht für eine Museumsausstellung her. Schließlich gehört EULY quasi zur Familie. Doch wir wagen den Schritt und machen uns auf den Weg zur Sammlung des Anthropozäns.
Unsere Geschichte für die Sammlung des Anthropozäns
Das Museum für Naturkunde Berlin und das Muséum national d’histoire naturelle Paris haben ein Forschungsprojekt auf die Beine gestellt, das wirklich spannend zu sein scheint. Aus diesem Grund nehmen EULY und ich am 4. August 2021 an einem Erzähl- und Schreibworkshop online teil. Aber erst ein Mal alles auf Anfang: Das Experiment „Auf dem Weg zur Sammlung des Anthropozäns“ ist ein exploratives Projekt. Es geht um „die planetare Wirkmacht des Menschen“, also um die Wechselwirkungen, die Menschen und Natur eingehen. Mitten in dieser komplexen Beziehung stehen Alltagsobjekte.
EULY ist mein Alltagsobjekt, anhand dessen ich unsere gemeinsame Geschichte erzählen werde. Eine Geschichte, die meine Beziehung zur Natur erzählt. Bei der offenen Museumssammlung geht es um Citizen Science, also um die Einbeziehung von Bürger*innen und ihre Lebenserfahrungen. Das partizipative, digitale und vernetzte Sammeln steht im Fokus und soll zum gemeinsamen Reflektieren über unsere derzeitige Situation anregen, mit Blick in die Zukunft und die Vergangenheit. Eine pragmatische Herangehensweise, die mir nicht nur als Soziologin sehr gut gefällt.
Ich erzähle also unsere Geschichte, in der EULY im Herbst 1983 in meine Kindheit geflattert kommt. Sie ist das Begrüßungsgeschenk eines Nachbarjungen. Damals sind meine Eltern und ich von München nach Darmstadt-Kranichstein (unweit der Grube Messel) gezogen. EULY ist somit auch ein Symbol für eine herzliche Willkommenskultur, die ich dort erfahren habe.
Wer oder was ist EULY?
Zur Vorbereitung für den Schreibworkshop habe ich mir EULY genau vorgeknöpft und mich gefragt, wer oder was EULY für mich ist. Die 15cm große Stoffeule ist definitiv ein Unikat, wurde sie doch in liebevoller Handarbeit von der Mutter des Nachbarjungen genäht und ausgestopft. Auch im Museum stehen ausgestopfte Tiere, allerdings war EULY nie wirklich lebendig, obwohl es mir manchmal so vorkommt.
Bei der Bestimmung der Eulenart muss ich passen und arrangiere mich mit einem Kompromiss aus Uhu (Bubo Bubo) und Steinkauz (Athene Noctua). Bei der Frisur wird es allerdings schon sehr konkret: So musste EULY mein kindliches Frisiertalent über sich ergehen lassen und hat im wahrsten Sinn des Wortes, Federn lassen müssen. Ansonsten ist EULY ganz gut in Schuss und begleitet mich seither bei meinen Ausflügen in die Natur.
Wer oder was bin ich?
Klar kommt diese Frage zwangsläufig auf. Also, wer oder was bin ich in dieser schicksalsreichen Wechselbeziehung zwischen Mensch und Natur? Welchen Impact habe ich mit meiner Lebensweise auf Naturprozesse? Was läuft gut und wo liegt noch unentdecktes Verbesserungspotenzial verschüttet? Allein dass ich mir derartige Fragen bewusst stelle und über meine Gedanken schreibe, zeigt, wie wichtig dieses Projekt ist.
Als Soziologin schlägt mein Herz sowieso schon schneller vor Freude, zumal diese Sammlung „Impulse für die Neuorganisation des Wissens für unsere Gegenwart“ liefern möchte. Es handelt sich in der Tat um hybride Formen des Wissens, die eine strikte Trennung der unterschiedlichen Disziplinen (Naturwissenschaften, Geistes- und Sozialwissenschaften) berechtigt in Frage stellen. Ach schön, dass die Sammlung des Anthropozäns zu neuen Gedanken „über die gesellschaftliche und kulturelle Dimension naturkundlicher Sammlungen“ anregt.
Sammlungsobjekt Nummer 39: Natur der Dinge
EULY steht tatsächlich seit Juni 2022 virtuell in der Sammlung „Natur der Dinge“ und ist unter der Objektnummer 39 verzeichnet worden. Selbstverständlich habe ich EULY mit ihrem Lieblingsporträt unter dem Darmstädter Mastodon in die Sammlung gestellt. Jetzt sind die zwei Heiner:innen wieder gemeinsam im Museum.
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